Geschichtswerkstatt Mandelsloh
Hermann Laue - Schlossermeister und Elektrizitätswerk-Besitzer
Hermann Laue wird am 27. April 1883 als Sohn von Wilhelm und Louise Laue geboren. Er heiratet Marie Dierking und hat 3 Töchter. Nach dem frühen Tod seines Vaters übernimmt er 1901 mit gerade mal 18 Jahren dessen Schlosserwerkstatt an der Strasse nach Helstorf (heute "In der Wiek 4").
Er hat früh die Vision selbst Strom zu erzeugen und diesen über ein eigenes Stromnetz im Ort und den umliegenden Ortschaften zu verkaufen. Mit dem, von seiner Frau mit in die Ehe eingebrachtem Geld (15.000,- Goldmark) baut er Teile seiner Schlosserwerkstatt zum einem Elektrizitätswerk um. Parallel dazu baut er in seiner Werkstatt Strommasten, stellt diese im Ort auf und schließt Höfe, Geschäfts- und Wohnhäuser an das neue Stromnetz an.
Welchen Fortschritt dies im Jahre 1906/07 für Mandelsloh und Umgebung bedeutet, wird erst deutlich wenn man bedenkt,
- dass die Erfindung der Glühbirne in Amerika noch keine 25 Jahre her ist.
- dass 1915 - also fast 10 Jahre später - in der Hauptstadt Berlin erst 5% der privaten Haushalte mit Strom versorgt werden.
Die weitgehende Elektrifizierung der privaten Haushalte in Deutschland findet erst Mitte bis Ende der 1920er Jahre statt!
Schlosserei und Elektrizitätswerk ...
Um 1905 bekommt er die Genehmigung zum Umbau seiner Schlosserwerkstatt zum Elektrizitätswerk Mandelsloh.
Das Bild zeigt den Lageplan und die Zeichnung mit den Fundamenten für Generator, Saugmotor, Dynamo und Trafoanlage
Die Strasse "In der Wiek" von Helstorf kommend um 1909.
Links das Wohnhaus von Hermann Laue, rechts sein E-Werk ... im Hintergrund das Gasthaus Wiebe.
... und so sah es früher im Inneren des Gebäudes aus
Um 1910: Hermann Laue nebem seinem Saugmotor der durch die Decke bis auf den Dachboden reicht. Im Hintergrund die riesigen Schwungräder für die Keilriehmen zu den Generatoren.
Nach Erzählungen ist der Motor eines Tages explodiert. Nach einem Fehler in der Steuerrung wurde er immer schneller und ist schließlich in die Luft geflogen. Von da an hat Laue den Strom nicht mehr selbst hergestellt, sondern von der Überlandzentrale Verden Hoya eingekauft.
Meister-Brief für Herrn Hermann Laue vom 21. August 1923. Er hängt noch heute bei einem seiner Enkel - Klaus Ridder - im Büro.
Um 1920: Mitarbeiter von Hermann Laue. Sie bauten die Strommasten (Holz- und Gittermasten aus Metall), legten Stromleitungen und Hausanschlüsse.
Nicht nur Strom
Als am 30. September 1913 die letzte Postkutsche von Neustadt nach Mandelsloh fährt, gründete Hermann Laue mit seinem Kumpel Peitzmeier ein kleines Omnibusunternehmen und fährt regelmäßig von Mandelsloh nach Neustadt und Mellendorf zum Bahnhof.
Der Bus wurde von einer Firma aus Hannover gebaut. Es war keine bestimmte Marke. Man nahm ein Chassis mit Motor und Getriebe und ein Karosseriebauer setzte eine kutschenähnliche Karosserie darauf.
Den Führerschein hat Hermann Laue übrigens beim Dampfkesselüberwachungsverein (heute TÜV) in Hannover gemacht, indem er mit dem Prüfer einmal die Hildesheimer Str. rauf und runter gefahren ist.
Das Busunternehmen war insgesamt aber wohl nicht so erfolgreich und wurde bald wieder eingestellt.
Alle Infos in Kürze
- Um 1880 kauft Wilhelm Laue - Vater von Hermann Laue - die Scheune vom Hof Wiebe und richtet darin eine Schlosser-Werkstatt ein.
- 1901 übernimmt Hermann Laue die Werkstatt nach dem frühen Tod seines Vaters.
- 1905 baut Herrmann Laue einen Teil seiner Werkstatt für die Stromerzeugung um.
Mit dem in die Ehe eingebrachtem Geld seiner Frau (15.000,- Goldmark) finanziert er den Bau seines Elektrizitätswerks. - 1906 erzeugt er mit einem Motor, mehreren Generatoren und Akkus den ersten Strom.
Mit eigens erstellten Masten wird Mandesloh mit Elektrizität versorgt. Das Öl für den Motor wird mit Pferdefuhrwerken z. T. aus Rumänien herangeschafft. - 1907 werden neben Mandelsloh und Amedorf auch die Dörfer Welze, Lutter, Niederstöcken, Dinsdorf und Brase an das Stromnetz angeschlossen ... rund 7 Jahre füher als die restlichen Gemeinden im Landkreis Neustadt a. Rbge.
- 1909 wird Helstorf an das Stromnetz angeschlossen.
- 1913 gründet Hermann Laue mit seinem Kumpel Peitzmeier ein Omnibusunternehmen und fährt regelmäßig von Mandelsloh nach Neustadt und Mellendorf zum Bahnhof.
- 1917/18 fliegt der Motor für die Stromerzeugung in die Luft. Danach wird der Strom von der Überlandwerken als Wechselstrom zugekauft und mit einem Trafo in Gleichstrom umgewandelt.
- Hinter der Werkstatt stand ein auch noch Windrad zur Stromerzeugung (allerdings mit nur geringer Leistung). Es soll auf alten Postkarten von Mandelsloh zu sehen sein.
- 1920 stellt Laue das Stromnetz von Gleich- auf Wechselstrom um.
- 1923 macht Hermann Laue die Meisterprüfung als Schlosser.
- Während der Kriegszeit wird Kupfer für den Krieg gebraucht. Das Stromnetz wird auf Aluleitungen umgestellt ... nach dem Krieg dann wieder zurück auf Kupfer.
- 1940 fährt seine Tochter Elsbeth mit Laues Tempo-Dreirad über die Dörfer um das Stromgeld zu kassieren.
- Hinter der Werkstatt werden Hühner und Ziegen gehalten, die bei Hochwasser auf den Dachboden der Werkstatt gebracht werden.
- 1946 arbeitet Gustav Overheu bei Laue als Meister und Walter Rüffert macht hier seine Lehre zum Elektriker.
- 1948 wird er im Telefonbuch mit "Hermann Laue - Elektrizitätswerk - Lohndrescherei - Ruf 124" geführt.
- 1951 wird er zum 50-jährigem Dienstjubiläum von der Handwerkskammer Hannover geehrt.
- 1953 verkauft Laue seine Werkstatt an den Opel Händler Krautter.
- 1953 verkauft Laue sein Strom-Netz (Trafo-Stationen, Ortnetzleitungen, Hausanschlüsse, Zähler) an die Überlandwerke.
- 1954 verkauft Laue seinen (50 Jahre) Strom-Vertrag an die Überlandwerke Neustadt, weil er Geld für seine Töchter braucht.
Damit ist die Aera des Elektrizitätswerks Hermann Laue in Mandelsloh beendet. - 1965 baut der Opel Händler Krautter im hinteren Teil des Grundstücks eine neue Werkstatthalle mit Verkaufsraum.
- Die alte Werkstatt wird bis 2014 von Heinz Wiegmann (*1939 †2014) als Auto-Werkstatt genutzt.
- 2018 wird Hermann Laue zu Ehren der "Hermann-Laue-Weg" nach ihm benannt (die Verlängerung des "Pastor-Simon-Weg" beim Seniorenzentrum).
- Heute steht die alte Werkstatt leer. Sie soll abgerissen und stattdessen ein Mehrfamilienhaus gebaut werden.
Hermann Laue privat
Hermann Laue ist verheiratet mit Marie Dierking aus Welze (*17.03.1884; †31.12.1950).
Das Wohnhaus
Sein Wohnhaus - heute "In der Wiek 9" - steht auf der anderen Strassenseite direkt gegenüber der Werkstatt.
Drei Töchter
- Marie (*22.06.1907, †26.08.1976) heiratet am 10.11.1932 Heinrich Ridder (*15.09.1906, †06.05.1986)
Mutter von Klaus Ridder - Luise heiratet den Kolonialwarenkaufmann Franz Krohne aus Helstorf,
Beide betreiben ein Kolonialwarengeschäft in der Nähe der Helstorfer Kirche - Elsbeth - die Jüngste - heiratet den Postbeamten Kurt Henkel aus Mariensee.
Sie war im Stromgeschäft ihres Vaters tätig. So ist sie mit dem Tempo-Dreirad über die Dörfer gefahren um bei den Kunden die Zählerstände abzulesen und das Stromgeld zu kassieren.
Männergesangsverein
Hermann Laue war langjähriges Mitglied im Männergesangverein Mandelsloh
Im hohen Alter
"Hermann-Laue-Weg" in Mandelsloh
Im Herbst 2018 beschliesst der Ortsrat Mandelsloh, dass eine neue Strasse im Baugebiet beim Seniorenzentrum dem Strompionier zu Ehren als "Hermann-Laue-Weg" benannt werden soll.
In Kürze
- Als Jugendlicher hat er anderen das Hochradfahren beigebracht.
- Laue war passionierter Angler. Aus Eisenstangen schweißt er Körbe, umwickelt sie mit Kaninchendraht und fängt damit im Seegraben und im Franzsee Aale.
- Das Haus hat Laue später seiner Haushälterin Frau Müller überschrieben, die ihn bis zu seinem Tod versorgt hat.
- Hermann Laue stirbt 1968 nach einem misteriösem Sturz auf der Kellertreppe, die er zuvor schon seit Jahren nicht mehr benutzt hat.
- 2018 wird der "Hermann-Laue-Weg" nach ihm benannt (Verlängerung des "Pastor-Simon-Weg" beim Seniorenzentrum).
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